Aiki is everywhere
November 26, 2006
Ich habe das Seminar über Renaissancefechten überlebt. Zwei Tage lang wurde gnadenlos gestochen und parriert. Mit (stumpfen) Waffen. Jedoch bleibt eine Waffe immer eine Waffe. Mit lediglich ein paar Handschuhe und Reflexe zum eigenen Schutz, war die Bedrohung durchaus vorhanden. Sowas steigert die Konzentration und die Aufmerksamkeit immens.
Nach diesem Wochenende kann ich mit voller Gewissheit sagen: Aiki ist überall.
-Distanz, Timing, Harmonieren, Ausweichen, Entspannung, Zentrum und sogar die Fußarbeit. (Ein Taisabaki bleibt eben ein Taisabaki, auch wenn die ignoranten Westlichen keinen anständigen Namen dafür haben außer „mach das hier mit den Füßen, um die gegnerische Klinge auszuweichen“. Der japanische Name scheint mir eindeutig kurzer und schicker zu sein.)
Aiki ist aber auch Kopfsache: Das aufmerksame Warten vor dem Angriff. Die Ruhe, wenn der Angriff kommt, die geistige Klarheit.
Ich wurde schon das eine oder andere Mal vom Bokken-schwingenden Kiai-schreienden Aikidoka angegriffen. Ein „Allee“ behauptender Typ mit einem übergroßen Zahnstocher muss sich noch ein Bissle mühe geben, um mich zu erschrecken. „Allee“, wie viele von uns zweifellos bereits wissen, ist ja eine Straße, die zwischen zwei Reihen von Bäumen verläuft.
Von einem Menschen angegriffen zu werden, der gerade „Straße, die zwischen zwei Reihen von Bäumen verläuft!“ schreit, ist weitaus weniger erschreckend als
„KIIIIIIIIIIAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAI!!!!!!!“
Nach dieser kleinen philolpgoschen Ausschweifung, nun zurück zum eigentlichen Thema: Geistige Ruhe.
Meine ist zwar nicht so gut, wird immer besser und zahlt sich immer wieder aus.
Dank dieser Ruhe habe ich aus dem Seminar viel mehr mitnehmen und lernen können, als sonst möglich gewesen wäre. Dank ihr habe ich auch viel mehr Spaß gehabt.
Es gibt eine Geschichte über den berühmten Samurai, Miyamoto Musashi: Ein Meister der japanischen Teezeremonie ist zu ihm gekommen und hat ihm um Schwertunterricht gebeten. Ein Samurai hat den Teemeister zum Duell herausgefordert. Da er nichts über den Schwertkampf wusste, dachte der Teemeister, er sei regelrecht im Arsch. Musashi dagegen war anderer Meinung.
„Du bist doch Meister der Teezeremonie. Begegne doch deinem Gegner mit derselben Aufmerksamkeit und Konzentration, der du der verdammten Brühe immer widmest,“ meinte Musashi.
Von dieser Yoda-ähnlichen Aussage entsprechend erleuchtet, tratt der Teemeister gegen den Samurai an. Der Samurai fand keine Lücke in der Konzentration und dem Fokus des Teemeisters. Das war ihm dann zu blöd und er brach den Kampf ab und ging nach Hause. Der Teemeister machte weiterhin Tee und die Geschichte ging somit zu Ende.
Der Sinn dieser Geschichte?
Sei nett zu deinem Teehändler? Wer mit einem Schwert in der Hand den ganzen Tag in der Sonne steht, hat einen Schatten?
Viele Dinge, die wir wissen, sind vielseitig verwendbar und wir können Vieles verstehen. Besonders wenn wir dem Neuen mit offenem Geiste begegnen.
Ben
November 26, 2006 at 10:17 pm
Hi Ben,
ich musste mehrfach schmunzeln. Deine Erfahrungen beim Fechten hast du sehr kurzweilig und witzig beschrieben. Dabei ist es dir gelungen aufzuzeigen, dass man viele Dinge im Leben tun kann, um die gleichen Erfahrungen und Lehren zu ziehen. Aikido ist nur ein Weg. Aber ein sehr schöner und sehr vielseitiger.
Was kann man daraus lernen? Mit offenen Augen durchs Leben zu gehen und alles zu hinterfragen.
Übrigens trinke auch auch Tee. Leider noch ohne Zeremonie.
Volker