Gestern im Training machte Martin mir gegenüber eine Bemerkung, die mich mal wieder zum Nachdenken über das Wort „Meister“ gebracht hat und Jules und mir eine interessante Unterhaltung über dieses Thema auf dem Weg zur Arbeit heute morgen bescherte 🙂

In meinem Artikel zum Shodan hatte ich ja schon mal angesprochen, dass mir dieses Wort „Meister“, das im DAB für alle Danträger schon ab dem 1. Dan verwendet wird, nicht liegt. Die meisten Verbände, die ich kenne, verwenden diese Bezeichnung (wie ich finde zu Recht) erst für Danträger ab dem 5. Dan. Wenn ich mal über die Grenzen Deutschlands hinweg denke, dann fällt mir außer Frankreich kein Land ein, in dem dieser Begriff verwendet wird. In Frankreich spricht man von Maitre Noquet, Maitre Brun, aber selbst bei Tissier oder Subileau ist mir dieses Wort noch nie begegnet (was natürlich daran liegen mag, dass ich wenig Französich spreche und daher wenig über Aikido in Frankreich lese). Auch in England oder den USA ist „master“ ein sehr ungewöhnlicher Begriff, um einen Aikido-Lehrer zu beschreiben. Statt dessen spricht man von „shihan“ oder „sensei“.

Sensei bedeutet nichts anderes als Lehrer, shihan könnte (nach längerer Recherche im Netz) mit vorbildlicher Lehrer übersetzt werden. Es wird außerdem vom Aikikai als höchster von drei Titeln/Auszeichungen (fukoshidoin, shidoin, shihan) für Lehrer verwendet. Da die im DAB meist verwendete Aikido-Terminologie deutsch ist, lässt sich sowas nicht so leicht integrieren, aber ich muss sagen, dass mir diese Bezeichnungen viel leichter über die Lippen gehen als „Meister“. Ich zucke auch innerlich zusammen, wenn ich als Shodan so bezeichnet werde. Das fühlt sich für mich in etwa so an, als würde man nach bestandener Führerscheinprüfung von mir erwarten, im Nürburgring mitzufahren – wo ich doch jetzt perfekt Auto fahren kann ;-).

Natürlich erwartet auch im DAB niemand von einem 1. Dan, dass er oder sie perfekt ist, aber wird das nicht trotzdem durch das Wort Meister suggeriert? Laut Wikipedia ist ein Meister ein Mensch, der „ein Fachgebiet umfassend beherrscht“. Ohne falsche Bescheidenheit möchte ich behaupten, dass ich als Shodan weit von sowas entfernt bin und dass sich das auch in den Dangraden nach dem Shodan nicht großartig ändern wird. Leider gibt es meiner Meinung nach zu viele Danträger, die sich auf ihrer Graduierung ausruhen, gerade so als müssten sie ja nun nichts mehr lernen – sie sind ja nun schon Meister. Solch eine Einstellung kommt natürlich nicht nur daher, dass diese Bezeichung benutzt wird, aber ich frage mich schon, ob es mit eine Rolle spielt.

Interessanterweise habe ich den Eindruck, dass die Bezeichnung sensei nur ungern benutzt wird. Und zwar nicht etwa von den Schülern, sondern von den Lehrern selbst. Im DAB ist es unüblich, einen Lehrer als sensei zu beschreiben und irgendwie haftet diesem Wort in unserem Verband soetwas wie hochtrabende Arroganz an – wohingegen schon jeder 1. Dan von sich selbst als Meister sprechen darf. Irgendwie passt das nicht in mein Verständnis von Vorbildern. Für mich ist die Bezeichung sensei daher eher ein Zeichen von Bescheidenheit als von Überheblichkeit.

Außerdem scheint es mir paradox, dass man sich einerseits auf dem Do befindet (Der Weg ist das Ziel?!) und andererseits schon mit dem 1. Dan davon spricht, Aikido zu meistern. Da passt doch irgendwas nicht zusammen!?

Sonja

Werbung

…ist mir letzte Woche aufgegangen. Bei so vielen Leuchtern würde man viel Licht erwarten, aber trotzdem herrscht in meinem Kopf noch tiefste Nacht was Aikido angeht 🙂 Aber ich gebe die Suche nach den Lichtschaltern nicht auf.

Die erste Erkenntnis hatte ich im Training am Freitag. Beim Training eines Kokyu nage mit Leoni bemerkte ich (nicht etwas durch hinsehen sondern durch die Art wie sich ihr Wurf anfühlte), dass ihre Aufmerksamkeit in ihrem Arm anstatt in ihrer Körpermitte lag. Als ich ihr sagte, dass sie sich in ihre Körpermitte statt in ihren Arm hineindenken soll, hat es dann plötzlich geklappt. Das war echt ein totales Aha-Erlebnis für mich als Trainerin. Bisher hatte ich nie so deutlich gespürt, dass man erkennen kann, wo die Aufmerksamkeit eines Trainingspartners ist. Genauer gesagt: in welchem Körperteil sie ist. Ich möchte jetzt versuchen, das nicht nur als Trainerin sondern auch in meinem eigenen Training umzusetzen.

Erkenntnis die zweite: Beim Bundeslehrgang mit Martin in Dresden hat es klick gemacht, als wir Kokyu nage gegen ryote tori geübt haben (irimi ashi eintreten, mit der einen Hand den Ellbogen hochführen und die andere fallen lassen). Eine Form, mit der ich mich immer irgendwie schwer getan hatte, wohl deshalb, weil ich sie nie auch nur ansatzweise kapiert habe. Ich habe diese Form dann im Training am Montag abend wiederholt und da sind mir endgültig die Schuppen von den Augen gefallen. Es hört sich so simpel an, aber was ich kapiert hatte, war die Verbindung zwischen Ukes Ellbogen und meinem Zentrum, die durch meinen Unterarm hergestellt wird. Hätte ich meinem Mathe-Lehrer damals besser zugehört, hätte es vielleicht schneller geklingelt 🙂 denn eigentlich ist das alles ja nur Geometrie gepaart mit Physik. Wenn ich den Ellbogen nach oben führe, ist irgendwann Schicht im Schacht und Uke muss auf die Zehenspitzen gehen, zumal wenn ich mein Zentrum unter diesen Punkt bringe. Ein Prinzip, das sich in so vielen Techniken findet, so auch bei ikkyo tenkan. Jorma Lyly (wenn ich ihn richtig verstanden habe) meinte wohl so etwas in dieser Art, als er neulich sagte „wenn ich nach unten gehe , muss uke nach oben gehen – und wenn ich nach oben gehe, muss Uke nach unten gehen“. An anderer Stelle habe ich das auch schon als „entwurzeln“ bzw „grounding“ gelesen. Der Rest ist dann Geschicht bzw. Kuzushi. Auch wenn sich das alles so simpel anhört und ich es in der Theorie schon vorher wusste, habe ich doch jetzt erst das Gefühl, es wirklich in meinem Körper verstanden zu haben. Frei nach Armstrong: Ein großer Schritt für mich, ein kleiner Schritt für die Menschheit. 🙂

Es fasziniert mich unheimlich, wie sich bei Aikido Jahr für Jahr, Training für Training, neue Erkenntnisse einstellen, wie man Dinge plötzlich versteht (und dann sofort wieder vergisst 🙂 ) und wie man unablässig Schritte des Do geht – egal welche Graduierung man hat. Es gibt so viel zu entdecken und je mehr ich entdecke desto größer scheint das Wunderland zu werden, in das ich da gestolpert bin. Je mehr ich verstehe, desto schwieriger und spannender wird alles. Und je mehr ich mir zutraue, desto neugieriger werde ich, mich weiter in das Unbekannte zu begeben.

Sonja

Es war ein schöner und entspannter Lehrgang mit vielen netten Leuten auf der Matte.

Lustig, was passiert, sobald ich versuche total lockeres, weiches Aikido zu machen – mein Muskelkater spricht hierfür Bände.
Auch das mit dem aufmerksamen Angreifen hat noch so seine Tücken, ich schwanke zwischen stoisch den Kopf nach unten halten (alles wird gut solange ich nage nicht anschaue 🙂 ) und wildem umhertänzeln (jetzt wieder bei Rocky XX zu sehen).

Tatsache ist, ich habe mal wieder an meinem und dem Körper der anderen gespürt, in welche Richtung es gehen kann.

Aiki ahoi,
Susanne

Die dritte Prüfung!

Januar 15, 2007

Herzlichen Glückwunsch zum 5. Kyu, Peter!!!

Peter folgte Leoni und Ben auf dem Fuß und setzte die Reihe der Prüflinge in Plattenhardt fort. Besonders nach unserem Ukemi-Lehrgang war es toll zu sehen, wie gut Peter´s Fallschule war: nicht nur vorwärts und rückwärts gerollt, sondern auch noch hart gefallen. Super, Peter! Du hast den gelben Gurt wirklich verdient und er wird dir gut stehen 🙂

Für mich als Prüferin ist es nicht nur toll, unsere Schüler nach und nach zur nächsten Stufe zu bringen, es ist auch sehr interessant zu sehen, wo die Stärken und Schwächen liegen, denn sie repräsentieren direkt, was wir euch beibringen und auch das, wo wir noch mehr üben oder besser unterrichten müssen. Eine Prüfung ist immer ein gutes Feedback für das bisher gegebene Training und ein wertvoller Fingerzeig für das zukünftige Training.

So, genug philosophiert, jetzt wird (am Freitag) erst mal auf Peter angestoßen und gefeiert! 🙂
Sonja

Start ins neue Jahr

Januar 14, 2007

Das neue Jahr hat prima angefangen: gestern und heute hielten wir unseren ersten Ukemi-Lehrgang in Plattenhardt ab. Anscheinend waren viele wegen der Weihnachtsferien so wie wir etwas Trainings-ausgehungert, denn unsere Matte war ziemlich voll.

Zwei Tage lang ging es um Rollen, Fallen, Kontakt, weich-Sein, Schwerkraft und andere Aspekte des Ukemi, die ausgiebig geübt wurden. Durch Rückenschmerzen gehandicapped konnte ich selbst leider nicht so mitmachen, wie ich mir das vorgestellt hatte. Vor allem am Samstag hat mich das sehr frustriert. Zum Glück ging es am Sonntag dann schon etwas besser und meine Lebensgeister kamen zurück.

Mal wieder habe ich gemerkt, wie viel ich durch das Unterrichten lerne. Und wo ich noch zu lernen habe. Ich empfinde es deshalb als großes Glück, dass ich die Chance habe, Training geben zu dürfen. Und noch viel mehr Spaß macht es, wenn es Leute gibt, die so aufmerksam zuhören und im Anschluss so bemüht sind, das, was wir vorzeigen und erklären, ausprobieren zu wollen.

Trotz Spaß an der Sache und viel Lachen war die Konzentration durchweg unglaublich gut – nicht selbstverständlich bei 3 Stunden Training am Samstag mit ziemlich vielen neuen Informationen und einer guten Portion Rollen und Fallen. Ich habe die Gruppe als sehr freundlich und wohlwollend miteinander empfunden. Alle haben miteinander trainiert, und nicht gegeneinander. Allein das spiegelt für mich gutes Training und in gewisser Weise auch gutes Ukemi wieder – sich gegenseitig zu erlauben, zu üben.

Für mich persönlich war der Aspekt des Kontaks bei diesem Lehrgang sehr wichtig und ich habe viel darüber gelernt. Nicht angreifen und dann einfach aufgeben oder weglaufen, sondern beim Partner bleiben, spüren, wo er mich hinführt und was er mit mir macht, und dann gegebenenfalls reagieren. Für mich ist das auch mal wieder eine Analogie zum richtigen Leben. Auch da führt manchmal kein Weg daran vorbei, einen Konflikt austragen zu müssen. Draufschlagen und wegrennen kann dann jeder. Aber Kritik zu üben und dann dem Gegenüber die Chance zu geben, mit dieser Kritik und mit mir zu arbeiten scheint mir da wesentlich sinnvoller und führt im Endeffekt zu einer Lösung, die für beide akzeptabel sein kann. Das ist für mich ein wichtiger Aspekt des Aiki.

Ein schönes Wochenende… Vielen Dank an alle Helfer!