Ein Kronleuchter nach dem anderen…
Januar 30, 2007
…ist mir letzte Woche aufgegangen. Bei so vielen Leuchtern würde man viel Licht erwarten, aber trotzdem herrscht in meinem Kopf noch tiefste Nacht was Aikido angeht 🙂 Aber ich gebe die Suche nach den Lichtschaltern nicht auf.
Die erste Erkenntnis hatte ich im Training am Freitag. Beim Training eines Kokyu nage mit Leoni bemerkte ich (nicht etwas durch hinsehen sondern durch die Art wie sich ihr Wurf anfühlte), dass ihre Aufmerksamkeit in ihrem Arm anstatt in ihrer Körpermitte lag. Als ich ihr sagte, dass sie sich in ihre Körpermitte statt in ihren Arm hineindenken soll, hat es dann plötzlich geklappt. Das war echt ein totales Aha-Erlebnis für mich als Trainerin. Bisher hatte ich nie so deutlich gespürt, dass man erkennen kann, wo die Aufmerksamkeit eines Trainingspartners ist. Genauer gesagt: in welchem Körperteil sie ist. Ich möchte jetzt versuchen, das nicht nur als Trainerin sondern auch in meinem eigenen Training umzusetzen.
Erkenntnis die zweite: Beim Bundeslehrgang mit Martin in Dresden hat es klick gemacht, als wir Kokyu nage gegen ryote tori geübt haben (irimi ashi eintreten, mit der einen Hand den Ellbogen hochführen und die andere fallen lassen). Eine Form, mit der ich mich immer irgendwie schwer getan hatte, wohl deshalb, weil ich sie nie auch nur ansatzweise kapiert habe. Ich habe diese Form dann im Training am Montag abend wiederholt und da sind mir endgültig die Schuppen von den Augen gefallen. Es hört sich so simpel an, aber was ich kapiert hatte, war die Verbindung zwischen Ukes Ellbogen und meinem Zentrum, die durch meinen Unterarm hergestellt wird. Hätte ich meinem Mathe-Lehrer damals besser zugehört, hätte es vielleicht schneller geklingelt 🙂 denn eigentlich ist das alles ja nur Geometrie gepaart mit Physik. Wenn ich den Ellbogen nach oben führe, ist irgendwann Schicht im Schacht und Uke muss auf die Zehenspitzen gehen, zumal wenn ich mein Zentrum unter diesen Punkt bringe. Ein Prinzip, das sich in so vielen Techniken findet, so auch bei ikkyo tenkan. Jorma Lyly (wenn ich ihn richtig verstanden habe) meinte wohl so etwas in dieser Art, als er neulich sagte „wenn ich nach unten gehe , muss uke nach oben gehen – und wenn ich nach oben gehe, muss Uke nach unten gehen“. An anderer Stelle habe ich das auch schon als „entwurzeln“ bzw „grounding“ gelesen. Der Rest ist dann Geschicht bzw. Kuzushi. Auch wenn sich das alles so simpel anhört und ich es in der Theorie schon vorher wusste, habe ich doch jetzt erst das Gefühl, es wirklich in meinem Körper verstanden zu haben. Frei nach Armstrong: Ein großer Schritt für mich, ein kleiner Schritt für die Menschheit. 🙂
Es fasziniert mich unheimlich, wie sich bei Aikido Jahr für Jahr, Training für Training, neue Erkenntnisse einstellen, wie man Dinge plötzlich versteht (und dann sofort wieder vergisst 🙂 ) und wie man unablässig Schritte des Do geht – egal welche Graduierung man hat. Es gibt so viel zu entdecken und je mehr ich entdecke desto größer scheint das Wunderland zu werden, in das ich da gestolpert bin. Je mehr ich verstehe, desto schwieriger und spannender wird alles. Und je mehr ich mir zutraue, desto neugieriger werde ich, mich weiter in das Unbekannte zu begeben.
Sonja