Your body is filled with something soft
September 23, 2007
Das ist die beste Beschreibung für die richtige „Körperspannung“ (dieses Wort an sich trifft die Sache ja auch nicht wirklich)bei Aikido die ich bisher gehört habe. Nicht nur das wird mir vom Lehrgang mit Jan Nevelius, 6. Dan Aikikai, in Frankfurt in Erinnerung bleiben. Mein Körper fühlt sich angenehm bearbeitet an und in meinem Kopf herrscht das übliche Post-Lehrgangs-Rauschen. Über die letzten drei Tage hätte ich mir oft ein internes Diktiergerät in meinem Kopf gewünscht, so viel habe ich gehört, gesehen und gefühlt, was ich mitnehmen und weiter in meinem Kopf, Körper und Herz hin- und herbewegen möchte.
Ich habe viel gelernt. Zum Beispiel, dass ich trotz Zwei-Zimmer-Wohnung ein Haus und sogar einen Garten habe 🙂 Dass sich in mir Bogen und Pfeil vereinen. Und dass es einen Hello-Point gibt.
Nachdem ich mich in den letzten Monaten recht viel mit dem Thema Kontakt auseinandergesetzt hatte, war ich gespannt, ob ich bei diesem Lehrgang herausfinden würde, dass ich mit dem, was ich bisher zu dem Thema verstanden zu haben glaube, total falsch lag oder nicht. Ich habe dann schnell gemerkt, dass es noch seeeehr viel zu dem Thema zu lernen gibt (was mich nicht überrascht hat), dass ich aber bisher wohl auch nicht ganz auf dem Holzweg war (was mich gefreut und etwas beruhigt hat). Sehr schnell wurde mir klar, dass Kontakt sehr viel subtiler sein kann, als ich das kenne und eine echte Herausforderung für mich war es, meinen Körper als Uke so weich und empfänglich zu machen wie möglich, um diese subtilen Dinge in Nage wahrzunehmen. Besonders natürlich wenn ich Nevelius Sensei angreifen durfte.
Das ganze hat in mir eine unheimliche Neugier geweckt, die ich immer auf Lehrgängen bekomme, wenn da etwas passiert, von dem ich offensichtlich maximal die Hälfte verstehe und noch weniger nachmachen kann. Diese Neugier macht mir diebischen Spaß. Seit einiger Zeit öffnen sich für mich innerhalb meiner kleinen Aikido-Welt immer neue Türen, die mir Einblicke in andere Welten geben. Jeder ist etwas anders, hat aber auch immer etwas mit den anderen gemein. Und die meisten machen Lust auf mehr und sind unheimlich spannend. Sonst bin ich ja eher ein Gewohnheitstier und auch in Bezug auf Aikido hat mir alles Neue eine Zeit lang auch irgendwie etwas Angst gemacht. Aber mittlerweile fühle ich mich eher wie ein Kind, das langsam laufen lernt und so anfängt, vom eigenen Zuhause aus die Welt um sich herum zu erforschen.
Eine Idee die mir nicht absolut neu ist, mir aber so klar wie dieses Wochenende noch nicht vor Augen geführt wurde, war die Wichtigkeit der inneren Haltung und des Geistes für Aiki. Jan Nevelius konnte das wirklich gut beschreiben und hat immer wieder gute Bilder und Worte gefunden um zu vermitteln, was er damit meint. Nicht nur die Sache mit dem „weichen Zeug in meinem Körper“ hat mir dabei geholfen, mir diese wirklich schwierig umzusetzende Geschichte körperlich und gedanklich vorzustellen, auch Sätze wie „what can *I* do to change the situation“ oder das Bild der inneren Röhre und des Steins der in ihr hinabfällt, fand ich sehr anschaulich. Auch wenn das, was ich am Wochenende versucht habe umzusetzen unheimlich schwer ist (zumindest für mich), hat Nevelius doch gute Werkzeuge zur Hand, um es so leicht wie möglich zu machen. Das ist eine der Qualitäten eines guten Lehrers, wie ich finde.
Auch zum Thema Ukemi hat er viel gesagt, was ich auch richtig prima fand. Bisher fand ich es meist schwierig Anfängern zu erklären, wie man Kontakt hält, ohne so viel/durchgängig Kontakt zu halten, dass Nage gar nicht erst in die Bewegung/Technik kommt. Nevelius wurde nicht müde zu erklären:“ Now it´s Ulli, now it´s the line of action, now it´s Ulli again, now it´s the line of action.“ Interessanterweise schien es mir, als passe genau das zum Thema meines letzten Blog-Eintrags, nämlich dazu, dass es Harmonie nur geben kann, wenn es zwei Pole gibt, zwischen denen Harmonie überhaupt erst entstehen kann. Als Uke muss ich also einerseits Kontakt herstellen, mich andererseits aber auch von Nage lösen können. Um wieder zum Kontakt zurückzukehren. In meinem Körper hatte ich das größtenteils glaube ich schon verstanden und jetzt habe ich die passende Erklärung dazu bekommen. Spannend!
Es gibt noch so viel mehr fetszuhalten von diesem Lehrgang, für heute schließe ich erst mal den Bericht mit einem Danke an die vielen netten Leute in Frankfurt. Die Stimmung des Lehrgangs war für mich persönlich unheimlich gut und ich habe mich sehr wohl gefühlt und einige neue Aikido-Freundschaften schließen dürfen. Auch das macht einen Lehrgang zu einem wirklich guten Lehrgang.
Sonja
1:1 und doch kein Fußball
Juli 24, 2007
Das Training gestern Abend hat mich innerlich wirklich etwas von den Socken gehauen, und das nicht nur, weil dabei Sätze vom Wochenende aufgetaucht sind, an die ich mich schon gar nicht mehr erinnern konnte (und ich hätte auch nicht gedacht, dass Ben sich noch daran erinnern könnte) 🙂 Ich hätte mir gestern abend gewünscht, dass jemand meine Gedanken während des Trainings in meinem Kopf notiert, damit sie mir nicht gleich wieder entfallen… Für sowas ist so ein Blog dann ganz nützlich, denn da kann man bzw ich dann diese Gedanken festhalten.
Ich bin immernoch am Herumdenken um Atteru und Kontakt. Auch gestern haben wir das gegen den Angriff ai hanmi geübt. Und plötzlich trafen Atteru und die Idee eines gemeinsamen Mittelpunktes zusammen. Na klar – zwei Energien treffen aus unterschiedlichen Richtungen aufeinander. Der Konflikt findet in der Mitte statt, also dort, wo sich die Energien gegenüberstehen und wo sie sich berühren. Um diese Mitte herum muss die Konfliktlösung passieren. Das macht Sinn im technischen und im philosophischen Kontext. Toll, wenn man von Dingen, die man auf einem Lehrgang vor fast einem halben Jahr gehört hat, noch so lange zehren kann – in diesem Fall von dem, was Jorma Lyly in Herrenberg erzählt hat.
Und noch etwas fiel an seinen Platz (wie man auf englisch so schön sagt). Auch Jules erwähnte am Wochenende, dass man beim Anlehnen sein eigenes Zentrum ein kleines bisschen aufgeben muss. Lyly hatte das in Herrenberg auch erwähnt. Erst hatte ich das nicht kapiert. Wieso soll ich als Nage mein Zentrum aufgeben?! Ist doch irgendwie hirnrissig. Aber mittlerweile habe ich das überdacht und stimme absolut zu. Wenn wir von „Anlehnen“ sprechen, dann geht es (egal ob Nage oder Uke) ja nicht darum, sich so weit aus dem eigenen Zentrum zu begeben, dass man – würde der andere plötzlich loslassen – umfallen würde. Sondern es geht darum, Kontakt aufzunehmen, dem anderen entgegen zu kommen, aber ohne dabei das eigene Zentrum zu verlieren. Im Atteru-Artikel spricht der Autor davon, dass Endo Sensei, wenn er ohne Atteru angegriffen wird, erst mal Uke „wegschiebt“ und so durch sein eigenes Atteru Uke zeigt, dass er genau das auch tun muss.
Nicht nur Uke lehnt sich an. Auch Nage muss das tun. Sonst geht der Kontakt nur in eine Richtung. Vielleicht kann man sogar so weit gehen zu sagen, dass man nur dann echten Kontakt zurückbekommt, wenn man ihn selbst auch gibt. Auch im übertragenen Sinn würde das Sinn machen. Jede menschliche Beziehung, egal ob freundschaftlicher, geschäftlicher oder romantischer Art, ist eine Kontaktaufnahme. Wenn beide bereit sind, sich anzulehnen – also Kontakt aufzunehmen und so die Sicherheit des eigenen Zentrums bzw des eigenen Standpunktes für einen Augenblick zumindest zu überdenken – dann kann man sich in der Mitte treffen. Das bedeutet für mich nicht, dass es darum geht, faule Kompromisse zu treffen (Terry Dobson nennt dies „0-0-Ergebnisse“, bei denen beide Seiten weder gewinnen noch verlieren; im Gegensatz zu 1-0-Ergebnissen, bei denen einer gewinnt und der andere verliert – das denkbar schlechteste Ergebnis bei einem Konflikt. Das optimale Ergebnis ist ein 1-1-Ergebnis, auch wenn die Fußballer unter uns sowas natürlich nicht gerne hören…). Mal ehrlich – wann sind wir in einem Konflikt denn schon 100%ig im Recht? Und was bedeutet das überhaupt, im Recht zu sein? In 99% der Fälle sind wir doch irgendwie am Entstehen eines Konfliktes beteiligt, wenn auch oft ungewollt oder unbewusst. Deshalb scheint es mir nur sinnvoll, die eigene Rolle in einem Konflikt zu überdenken und zumindest zu versuchen, den Standpunkt des anderen nachvollziehen zu können.
Techniken haben immer einen Mittelpunkt, der zwischen Uke und Nage liegt. Um diesen Mittelpunkt dreht sich alles. Wie im Universum. Interessanterweise ist ja jeder gedachte Punkt des Universums auch dessen Mittelpunkt (ich hoffe ich habe im Physikunterricht richtig aufgepasst). Auch wir leben jeder von uns in einer eigenen kleinen Welt um die herum sich alles andere dreht. Wenn man den Drehpunkt zumindest mal zwischen sich und die anderen verlegen kann, anstatt sich selbst als Nabel der Welt zu betrachten, muss das doch mal im ganz Kleinen ein guter Anfang sein, um die Menschheit zu vereinen, so wie O-Sensei sich das gedacht hat. Zumindest theoretisch.
Sonja
Hüttenseminar die 2.
Juli 22, 2007
Ich mag gute Traditionen. Und ich mag gute Aikido-Seminare. Was für ein glücklicher Zufall, wenn beides zusammentrifft 🙂 Wie z.B. beim Hüttenseminar der Esslinger auf der Tannhütte, das am letzten Wochenende zum zweiten Mal stattfand. Ich bin ja manchmal eher Zweckpessimist und traue mich nicht, mich zu sehr auf etwas zu freuen, damit ich nicht durch unvorhergesehene Zufälle enttäuscht werde (wie beim Lehrgang in Kronau). Aber auf dieses Wochenende hatte ich mich echt gefreut und die Vorfreude wurde wirklich nicht enttäuscht.
Die zwei Tage auf der Hütte bevor der Lehrgang anfingen, waren schon mal eine nette Einstimmung für mich und ein Miniurlaub erster Güte. Ich habe gelernt, wie man Feuer macht und Holz hackt (vielleicht lerne ich nächstes Jahr auch, wie man letzteres macht ohne sich Blasen an den Händen und einen Sonnebrand zu holen) und mich mit Tips zum Prüfungprogramm zum 4. Kyu revanchiert. Danke, dass ich mitkommen durfte, Carsten!
Leider fing der Lehrgang für Jules dann ja nicht so gut an, weil er sich direkt vor dem ersten Training den Kopf aufgestoßen hatte und ins Krankenhaus musste, nur um sich einen Haufen Flüssigpflaster (ha – schon der erste Running Gag des Wochenendes) und eine Tetanussspritze einzufangen
Das Wetter war größtenteils besser als es hätte kommen können und schlechter als letztes Jahr. Zumindest konnten wir alle Trainings am Samstag durchziehen. Leider wurden die Lagerfeuer abends meist so gegen 22 h derbe durch Regen unterbrochen, aber der Aufenthaltsraum in dem ich mich immer irgendwie wie ein Mitglied der Trapp-Familie fühle, ist ja auch sehr gemütlich – vielleicht war es gerade dieser Charme, der dazu geführt hat, dass es dieses Mal an beiden Abenden Gesang und Gitarrenmusik gab statt nur an einem. Doch dazu später mehr.
Die Trainings waren für mich persönlich sehr intensiv und konzentriert. Dadurch, dass wir ja quasi nicht rollen konnten, kam es weniger zu Hauruck-Würfen und man musste langsamer und bewusster arbeiten. Ich habe Dinge weiter versucht auszubauen, die mich in letzter Zeit beschäftigen. Klar, das waren mal wieder Kontakt und Co. Dabei ist mir aufgefallen, dass sich mein Körpergefühl beim Trainieren über die letzten Monate stark verändert hat. Ich glaube (Achtung – Widerspruch in sich selbst) dass mein Kopf weniger stark arbeitet und ich sehr viel mehr in meinem Körper bin und mehr spüre. Nicht nur mich sondern auch Uke. Ich merke mittlerweile viel besser, sobald der Kontakt zwischen mir und meinem Trainingspartner abreisst (egal in welcher Rolle ich mich befinde), was mir natürlich selbst aufzeigt, wo Probleme in meiner Technik liegen, mir aber auch besser zeigt, wo Korrektur oder Tips hilfreich sein könnten.
Jules hat es für meinen Geschmack am Wochenende wirklich gut hinbekommen, Schwert und Tai waza zu kombinieren und das Verbindende herauszuarbeiten. Dabei ist mir auch mal wieder einiges klar geworden.
Mir hat auch die Shiatsu-Session tierisch gut gefallen, obwohl es danach schon etwas Selbstmotivation gekostet hat, wieder zu trainieren (wenn ich mich nicht schwer täusche, fanden sich hinterher auf der Matte mehrere Flecken die verdächtig nach Wohlfühl-Sabber aussahen 🙂 ) .
Nach ausreichendem Training gab es dann abends lecker Essen von Ben gekocht oder vom Schwenkgrill („noch jemand Schafskäse?!“) und hinterher Whiskyprobe und 1a Gitarrenmusik von Olli, Volker und Ben. Dank Volkers Geistesgegenwart bezüglich seines Liederbuches kamen wir am zweiten Abend tatsächlich mal über die ersten Strophen hinaus (böse Zungen behaupten, es waren gar nur Fragmente, die uns einfielen – tststs). Ich fordere ein Tannhütten-Gesangbuch für 2008. Dann gibt es auch keine Entschuldigungen mehr.
Ich freue mich jetzt auf die Fotos vom Wochenende, obwohl sie natürlich nicht widerspiegeln können, wie viel gelacht wurde und wie nett die Stimmung zwischen den meist „alten Tannenhütten-Hasen“ war. Danke auf jeden Fall nochmal an Carsten für die Organisation und an Jules für die Trainings. Auch wenn mein Gedächtnis durch Whisky und Wein leicht getrübt gewesen sein mag, werde ich das Wochenende in prima Erinnerung behalten.
Sonja
Noch mehr Kontakt und was zum Lachen
Juli 4, 2007
Gestern schickte mir Jules einen Link zu einem Artikel über Atteru, der sehr gut zum Thema Kontakt passt. Leider nur auf Englisch, ich werde mal anfragen, ob ich den Artikel übersetzen darf. Lesen könnt ihr das Ganze hier.
Wer regelmäßig Aikiweb liest, kann sich das Nächste sparen, aber für alle anderen hier zwei Links zu inoffiziellen Aikido-Ratespielchen („Welche Technik wird benutzt?“). Ich glaube die Filmemacher sind sich dessen kein bisschen bewusst, wie viel Spaß sie uns Aikidoka bereiten, wenn sie Aikido Waza in ihre Filme einbauen 🙂
1. Das Intro des neuen James Bond
2. Das Intro von Ricky Bobby – König der Rennfahrer mit Sacha Baron Cohen (ja, richtig gehört: aka Borat oder Ali G)
Viel Spaß beim Ansehen!
Sonja
Kleines Keiko aber oho
Juli 3, 2007
Keiko ist das oft gebrauchte japanische Wort für Training. Es steht hier allerdings nicht für das rein körperliche Trainieren (das wäre Renshu, dies wird aber in den Künsten, die einem Weg (Do) folgen, wenig benutzt), sondern vielmehr dafür, dass dabei „Technik, Energie und Geist zusammenkommen“ und eins werden sollen. Keiko heißt übersetzt auch „die Handlung überdenken“. Das trifft meiner Meinung nach sehr gut, wie man trainieren (und vielleicht auch wie man Training geben) sollte.
Gestern waren wir nur zu sechst auf der Matte, ein kleines, ruhiges Training, aber sehr intensiv, wie ich fand. Jules und ich konnten beide nicht mittrainieren und so gab es für die Trainierenden jede Menge Aufmerksamkeit und Korrektur von beiden Seiten.
Für mich persönlich war es genau das, was Keiko besagt – nämlich ein Training in dem ich viele Dinge überdacht habe. Auf verschiedenen Ebenen. Technisch hatte ich gestern Gelegenheit, mehr über diverse Aspekte nachzudenken, die ich am Wochenende bei Subileau gelernt oder zumindest gesehen habe und die mir dort beim Zusehen durch den Kopf gingen. So konnte ich zum Beispiel gestern mein Verständnis von Kontakt und dessen Bedeutung bzw Wichtigkeit weiter ausbauen – ein Thema das mich generell in der letzten Zeit oft beschäftigt. Kontakt ist das, was mich dazu befähigt, meinen Angreifer zu spüren. Kontakt hilft mir dabei, ein Gefühl dafür zu entwickeln, wo die Technik lang geht und wo nicht, ob ich die richtige Maai habe oder nicht, ob ich mit Kraft arbeite oder die Kraft aus dem Boden und meinem Zentrum hole oder nicht. Ohne Kontakt kein Aikido und schon gar kein „Lernen“ des Aikido. Kontakt kann ich aber nur dann lernen, wenn Uke dazu in der Lage ist, mir Kontakt zu geben. Mal wieder gehen Ukemi und Nage waza Hand in Hand – Yin und Yang – eines ohne das andere ist unmöglich. Und umgekehrt: wenn ich als Uke lerne, Kontakt zu geben und zu halten, kann ich diesen Kontakt auch als Nage anfangen zu erspüren. Was wirklich abgefahren ist: durch meine Aufmerksamkeit auf diesem Thema und meine Beschäftigung damit fange ich an, nicht nur in der Theorie sondern auch in der Praxis zu erfahren, dass Kontakt auch ohne körperliche Berührung möglich ist. Als Nage bekomme ich das natürlich noch nicht wirklich hin, aber als Uke habe ich das schon gespürt. Ganz schön abgefahren…
Gerade die Sache mit dem Kontakt finde ich unheimlich schwer zu vermitteln und lange Zeit wusste ich nicht, wie ich das erklären und rüberbringen soll. Gestern haben wir ein paar schöne Übungen dazu gemacht und es hat mich echt sehr gefreut zu sehen, dass wir alle zusammen angefangen haben, Kontakt nicht nur mit dem Kopf sondern auch mit dem Körper zu verstehen. Und es ist beim Zusehen deutlich, wie sehr sich alle darum bemühen, zu spüren und Kontakt herzustellen. Der schönste Moment für mich gestern Abend war, als mir das bewusst wurde.
Ein weiteres Thema von gestern Abend war der Drehpunkt des Irimi nage, bzw. der Punkt kurz vor dem Wurf, wenn Uke gerade hochgekommen ist und der Wurf an der Schulter eingeleitet wird. Subileau hatte am Wochenende ja das schöne Beispiel mit dem Hochheben des Gewichts gebracht. Eigentlich hatte er das zwar bei Tenchi nage gezeigt, die Bewegung und das dahinterstehende Prinzip sind aber gleich. Dieses Bild hat bei mir echt ein Licht im Kopf angemacht. Darauf sind Jules und ich bei der Korrektur ganz schön rumgeritten, glaube ich, aber ich für meinen Teil nur deshalb, weil ich endlich verstanden habe, was dabei eigentlich passiert und warum das passieren muss.
Diese beiden Dinge erscheinen mir momentan als sehr grundlegend und deshalb habe ich das Training gestern Abend als sehr intensiv und „wichtig“ empfunden. Und es macht mir unglaublich viel Spaß zu sehen, dass „unsere Schüler“ diese Sachen auch so spannend finden wie wir, dass sie versuchen sie umzusetzen und das tatsächlich auch hinbekommen. Ohne Schüler die ich anleiten darf, müsste ich nie über alle diese Sachen so intensiv nachdenken. Als Lehrer muss ich mich immer wieder fragen, worauf es eigentlich ankommt bei Techniken und bei Aikido ganz allgemein, denn genau das will und sollte ich ja versuchen, weiterzugeben. Ich denke das ist einer der Gründe, warum auch der Lehrer am Ende eines Trainings zu den Schülern „Domo arigato gozaimashita“ sagt.
Sonja
Start ins neue Jahr
Januar 14, 2007
Das neue Jahr hat prima angefangen: gestern und heute hielten wir unseren ersten Ukemi-Lehrgang in Plattenhardt ab. Anscheinend waren viele wegen der Weihnachtsferien so wie wir etwas Trainings-ausgehungert, denn unsere Matte war ziemlich voll.
Zwei Tage lang ging es um Rollen, Fallen, Kontakt, weich-Sein, Schwerkraft und andere Aspekte des Ukemi, die ausgiebig geübt wurden. Durch Rückenschmerzen gehandicapped konnte ich selbst leider nicht so mitmachen, wie ich mir das vorgestellt hatte. Vor allem am Samstag hat mich das sehr frustriert. Zum Glück ging es am Sonntag dann schon etwas besser und meine Lebensgeister kamen zurück.
Mal wieder habe ich gemerkt, wie viel ich durch das Unterrichten lerne. Und wo ich noch zu lernen habe. Ich empfinde es deshalb als großes Glück, dass ich die Chance habe, Training geben zu dürfen. Und noch viel mehr Spaß macht es, wenn es Leute gibt, die so aufmerksam zuhören und im Anschluss so bemüht sind, das, was wir vorzeigen und erklären, ausprobieren zu wollen.
Trotz Spaß an der Sache und viel Lachen war die Konzentration durchweg unglaublich gut – nicht selbstverständlich bei 3 Stunden Training am Samstag mit ziemlich vielen neuen Informationen und einer guten Portion Rollen und Fallen. Ich habe die Gruppe als sehr freundlich und wohlwollend miteinander empfunden. Alle haben miteinander trainiert, und nicht gegeneinander. Allein das spiegelt für mich gutes Training und in gewisser Weise auch gutes Ukemi wieder – sich gegenseitig zu erlauben, zu üben.
Für mich persönlich war der Aspekt des Kontaks bei diesem Lehrgang sehr wichtig und ich habe viel darüber gelernt. Nicht angreifen und dann einfach aufgeben oder weglaufen, sondern beim Partner bleiben, spüren, wo er mich hinführt und was er mit mir macht, und dann gegebenenfalls reagieren. Für mich ist das auch mal wieder eine Analogie zum richtigen Leben. Auch da führt manchmal kein Weg daran vorbei, einen Konflikt austragen zu müssen. Draufschlagen und wegrennen kann dann jeder. Aber Kritik zu üben und dann dem Gegenüber die Chance zu geben, mit dieser Kritik und mit mir zu arbeiten scheint mir da wesentlich sinnvoller und führt im Endeffekt zu einer Lösung, die für beide akzeptabel sein kann. Das ist für mich ein wichtiger Aspekt des Aiki.
Ein schönes Wochenende… Vielen Dank an alle Helfer!