Marchez, marchez!

Februar 12, 2007

Letzten Samstag hatte ich zum zweiten Mal das Vergnügen, bei Jean-Luc Subileau, 6. Dan Aikido FFAAA, trainieren zu dürfen. Er hatte ja letztes Jahr beim Pfingstlehrgang des DAB unterrichtet und schon da hatte ich unheimlich viel Spaß.

Auf dem Hinweg dachte ich noch: „Und wenn wir Irimi nage machen, dann setze ich mich eben daneben und mache bei dieser Technik nicht mit.“ Meine Nase war nämlich noch nicht wieder zur alten Höchstform aufgelaufen und der Gedanke, meinen Riechkolben so nah an eine mir entgegen kommende Schulter zu bringen schien wenig verlockend. Streng nach Murphy´s Law hat Subileau mich dann natürlich genau für den Irimi nage nach vorne geholt. Da kann man ja schlecht sagen „Och nö, lieber nicht, aber danke.“ 🙂 Zum Glück unterrichtet er ja nicht die Form des Irimi nage, der Uke´s Kopf immer und die ganze Zeit absolut an der Schulter fixiert, so dass das dann doch gar kein Problem war.

Ich war – wie letztes Mal auch – sehr von Subileau beeindruckt. Und zwar technisch als auch was seine Person angeht:

Ein Satz, den ich vom Pfingstlehrgang schon wieder vergessen hatte, und den er auch dieses Mal wieder sagte, war „Marchez, marchez!“ Das will ich mir hinter die Ohren schreiben.
Was ich technisch außerdem mitnehme, ist, wie klar er mit der eigenen Mittellinie arbeitet (im Prinzip ist das zwar nichts neues, aber bei Subileau finde ich das besonders deutlich und klar). Die Bewegungen kommen bei ihm immer von dort – besonders klar wurde mir das beim Irimi nage. Das ergänzt sich sehr gut mit dem, was Martin unterrichtet: das Kontrollieren der Mittellinie von Uke. Sowohl bei Uke als auch bei Nage geht es eben immer um diese Linie.
Manchmal hat Subileau die Bewegungesabläufe einer Technik ohne Partner gezeigt und wenn Uke fehlt, materialisiert sich plötzlich ein unsichtbares Schwert in Subileaus Händen. Alle Techniken gehen auf das Schwert zurück – auch das ist nichts neues, aber irgendwie kommt das bei ihm eben ganz stark raus und ist in seinen Bewegungen sehr präsent. Das gefällt mir sehr gut.

Abgesehen vom Technischen hat Subileau noch dazu eine unglaublich angenehme, freundliche Art. Und ich habe ihn bei diesem Training zum ersten Mal über Philosophie sprechen gehört. Zum Abschluss des Trainings sprach er davon, was einen Angriff provoziert oder auslöst. Nicht etwa im technischen Sinn, sondern eben im menschlich-philosophischen. Er sagte (wenn ich das richtig verstanden habe), dass jemand meist dann angreife, wenn er einen Mangel verspürt, den er ausgleichen will oder/und wenn er Angst fühlt. Wenn jemand dagegen völlig im eigenen Ki ist, eben keinen Mangel und keine Angst verspürt, dann hat er auch keinen Grund jemand anders anzugreifen. Man erlebt in unseren Gefilden ja selten, dass mal über Philosophie gesprochen wird und ich sauge das dann immer auf wie ein Schwamm.

Was er da sagte war total „up my street“ und es ist etwas, was ich auch in meinem Beruf als Homöopathin jeden Tag beobachte. Alle negativen Gefühle – Neid, Aggression, Arroganz, etc – haben am Ende doch immer den gleichen Ursprung: Mangel und Angst. In meinem eigenen Verständnis geht es sogar noch einen Schritt weiter. Ich kann nur leer sein, wenn ich nicht ständig damit beschäftigt bin, mich anfüllen zu wollen (=Gefühl von Mangel?). Man spürt diese Lehre manchmal bei fortgeschrittenen Meistern z.B. rein technisch, aber ich habe eine solche Leere auch schon im persönlichen Bereich z.B. bei Rajan Sankaran – einem Homöopathen nach dessen Methode ich arbeite – erlebt. Eigene Leere bedeutet für mich ebenfalls, dass ich versuche, mein Ego loszulassen und stattdessen meine Einheit mit der universellen Energie zu spüren. Sobald ich mich von dieser Energie trenne, kommt mein Ego in´s Spiel und ich fühle Angst und eben auch Mangel. Aikido kann mir helfen, an dieserAngst und dem Mangel zu arbeiten. Genau das ist meine Idee von Aikido und so wie ich O-Sensei verstehe (wenn ich ihn denn verstehe) hat er unter anderem ungefähr sowas sagen wollen. Das ist jetzt meine Interpretation, aber vielleicht bekomme ich ja mal die Gelegenheit, mehr darüber von Subileau zu erfahren. Das wäre sehr schön.

Sonja

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Gedächtnisstörungen

Oktober 17, 2006

Konnte mich plötzlich gestern abend weder an „onegai shimas“ erinnern noch daran, was ich eigentlich gerade als nächstes im Training vor hatte. Das war fast so, wie auf der Matte zu stehen, ikkyo zu üben und zu denken: „Habe ich diese Technik schon mal gemacht???“. Und man hat das Gefühl, zum ersten Mal Aikido zu machen. Diese Augenblicke werden seltener, aber manchmal hat man auch als Danträger noch solche Black-outs. Sehr interessant 🙂 Wäre schön, wenn es mir stattdessen gelingen würde, beim Trainieren öfter Mushin – den leeren Geist – zu erreichen. Aber ich habe den Verdacht diese beiden Dinge haben nicht viel gemeinsam…. 😉

Fallschule zu unterrichten und quasi nochmal selbst von Anfang an zu lernen macht irren Spaß! Manche Dinge, die mir dazu selbst anfangs beigebracht wurden, musste ich wieder verlernen, um flexibler, spontaner und flüssiger fallen zu können. So langsam wird alles rund, nur meine langen Beine wollen sich manchmal bei der harten Fallschule nicht einklappen. Tja, die Zentrifugalkraft… Manche Aspekte der Fallschule machen jetzt totalen Sinn und anstatt von vielen verschiedenen Variationen und Arten der Rollen passt jetzt alles in einem System zusammen. Donovan Waite sei´s gedankt. Wäre toll, ihn irgendwann vielleicht mal zu einem Lehrgang einzuladen.

Erkenntnis des Tages: Unsere Gruppe wird in sich stärker.

Sonja