Man ist wo man ist…
März 18, 2008
„Es ist was es ist“ habe ich an dieser Stelle ja schon mal diskutiert. In den letzten Tagen musste ich feststellen: „Man ist *wo* man ist“. Nachdem mir Stefan Stenudds Buch in Schweden mal wieder über den Weg gelaufen ist, dachte ich mir, ich sollte das vielleicht nochmal lesen. Ist schon eine ganze Weile her, dass ich es zum ersten Mal gelesen habe. Ich weiß noch wie ich damals dachte, dass ich manches darin schon ganz schön abgefahren fand. Nachdem ich das Buch jetzt zum zweiten Mal schon halb durchgelesen habe, kann ich jedem nur empfehlen, gute Aikido-Bücher immer und immer wieder zu lesen. Sie werden nicht langweilig, das garantiere ich, denn jedes Mal ist man selbst ja wieder mit dem eigenen Verständnis an einer anderen Stelle und versteht so das Geschriebene endlich oder versteht es neu und anders. Eine gute Aikidobibliothek muss also nicht umfassend und teuer sein um einen lange zu beschäftigen 🙂
Im Zusammenhang mit diesem Verständnis und dem Lesen von Büchern kommt mir langsam allerdings auch der Verdacht, dass das Lesen zwar mein Wissen aber nicht mein Verstehen direkt verbessert (ich glaube so ähnlich steht das sogar in dem Buch drin). Stenudd schreibt, dass zuerst das Wissen kommt. Also das Ansammeln von Informationen auf theoretische Art und Weise. Aber dann erst kommt das Verstehen. Und sobald man versteht kann man das Wissen vergessen und den Hasen geben. Macht Sinn, oder? So ähnlich geht es mir jedenfalls mit Aikido-Büchern:
Manches darin kapiere ich schlichtweg nicht und ist noch zu hoch für mich. Auch wenn es mir drei Mal vorgekaut wird, so werde ich es trotzdem nicht verstehen. Weil ich offensichtlich noch nicht an dem richtigen Punkt bin um es zu verstehen.
Anderes glaube ich zu verstehen, auf eine theoretische Art. Mein Kopf denkt sich „ja, da ist was dran“, aber richtig „verstanden“ habe ich es noch nicht. So ging es mir mit vielem in diesem Buch als ich es zum ersten Mal las.
Und dann gibt es manchmal Sachen, die liest man und man versteht einfach. Mit Körper, Seele und Geist. Und alle drei rufen laut „ja, genau!!!“. Beim momentanen Lesen des Buches geht es mir schön öfter so als beim ersten Mal. Was ist der Unterschied? Ein paar Jahre Training, viel keiko, körperliches Üben. In letzter Zeit macht es mich manchmal echt fertig (im positiven Sinn) wie eng der Zusammenhang zwischen physischem Üben und geistigem/emotionalem Verstehen ist. Und dann auch noch, wie sich mit jedem kleinen Schrittchen des Verstehens neue Türen öffnen und das was man nicht versteht immer mehr wird 🙂 Das ist ein tolles Paradoxon so wie eine Tafel Schokolade die immer größer wird je mehr man davon isst. Wer mich kennt weiß, dass das meine Vorstellung vom Himmel ist 🙂
Ich lerne außerdem immer mehr, dass ich die kleinen Schritte des Verstehens nicht beschleunigen kann. Man ist eben wirklich wo man ist und nirgendwo anders. Und wo man ist, ist streng genommen völlig egal. Die Schritte sind das was zählt, nicht wie weit man damit gekommen ist. Ein guter Lehrer merkt dann genau, wo der Schüler steht und was er braucht um den nächsten Schritt zu machen. Sottaku doji. Das zusammen mit Training lässt uns Schritte machen. Einen nach dem anderen, mit Geduld (die ich noch nie wirklich hatte…) und ohne zu rennen. Vielleicht darf ich an dieser Stelle mal wieder meinen Held Pohlmann zitieren, der in seinem Lied „Die Liebe“ singt:
„Und die Träume nach Perfektion
Haben lange schon nach uns geschrieh’n
Und sie machen dass wir so schnell laufen wollen
Als wollte einer der Erste sein
Es bringt ja nichts zu versuchen aufzuholen
Denn wer rennt rennt oft allein.“
Er singt da ja eigentlich über die Liebe und nicht über Aikido – schon klar – aber irgendwie ist das doch alles sowieso das gleiche, oder?
Besonders gut hat mir beim Lesen des Buches gefallen, dass Stenudd beschreibt, dass Aikido nicht wie Wasser oder wie Luft sein sollte (obwohl beides schon ziemlich erstrebenswert und schwer zu erreichen ist), sondern wie ein Vakuum. Ein Vakuum ist die *Abwesenheit* von etwas. Das finde ich sehr spannend und es passt in die Idee, dass man nicht sich selbst zum Mittelpunkt der Bewegung macht, nicht das Ego, sondern dass man versucht sich leer zu machen und einen gemeinsamen Mittelpunkt mit Uke zu finden. Jorma sagte in einem Interview im Aikidojournal ja mal, dass man seiner Meinung nach „Raum in sich selbst“ für Uke schaffen muss. Das finde ich sehr schön und nachdenkenswert.
Gestern Abend im Training haben wir wieder die Highfalls gegen irimi nage geübt und ich war von den Socken, wie das anfängt zu funktionieren und die ersten sich gestern tatsächlich aus der Technik im Stand gegenseitig so geworfen haben und sich auch das Fallen zugetraut haben. Einerseits ist das ja von mir nicht ganz uneigennützig – je mehr Leute das können umso öfter kann ich es auch selbst üben und trainieren, und das macht einfach einen Höllenspaß. Andererseits aber glaube ich, dass dieses Fallen auch das Gespür für den Kontakt verbessert und generell das Verständnis von Ukemi verändert.
Heute und morgen werde ich meinen Knien, die von den Plastikmatten in Schweden und im Böblinger Murkenbachdojo vom letzten Wochenende ziemlich mitgenommen sind, eine Pause gönnen, damit ich am Wochenende in Düsseldorf bei Mouliko Halén richtig mitmachen kann. Ich freu mich schon sehr drauf!
Sonja
All is not lost
Januar 17, 2008
Peters und Stefans Gesichtsausdruck auf dem Foto (das viertletzte Foto auf der Seite) vom Training mit Jorma Lyly spiegelt 1a wieder, was sich diese Woche beim Trainieren größtenteils in meinem Kopf abgespielt hat: „Hääää?!“ Und auch mein Körper konnte nicht immer so ganz genau einordnen, was da gerade mit ihm geschieht, wenn ich Jorma angreifen durfte. Ich hatte unheimlich viel Spaß und fühlte mich wie ein kleines Kind, das seinen ersten Zauberkasten auspackt und feststellt, dass dieser so einfach aussehende Seiltrick ums Verrecken nicht funktionieren will… Es schien mir nicht, als ob ich das was ich bei Jorma sah wirklich verstehen, geschweige denn umsetzen konnte.
Am Donnerstag durfte ich dann für Jules in Esslingen Training geben und habe plötzlich bemerkt, dass sich irgendwas anders anfühlte. Ich kann nicht genau sagen was, aber ich würde es in Richtung „Kontakt“ einordnen. Meine Aufkerksamkeit – geistig und körperlich – hat sich irgendwie leicht verschoben und eine Tür scheint einen Spalt weit aufgegangen zu sein. Um in diesen Spalt meinen Fuß reinzubekommen, fahre ich dann heute auch gleich nach Düsseldorf, um Jorma dort nochmal erleben zu dürfen. Es scheint also, als wäre doch was hängen geblieben und Polen noch nicht ganz verloren – um es mal mit dem Lieblingsspruch meiner Oma auszudrücken.
Technisch gesehen habe ich also jede Menge zu verdauen. Aber auch sonst nehme ich eine Menge mit. Food for thought wäre untertrieben, Buffet for thought kommt schon eher hin. Jorma sagte im Gespräch ein paar Sachen, die ich wirklich ganz klasse fand. Das eine war (sinngemäß und frei übersetzt): „Wir reden im Aikido immer davon, Uke zu kontrollieren. Das hört man ständig. Aber wer oder was gibt uns eigentlich das Recht irgendjemand anderen als uns selbst kontrollieren zu wollen?!“ Und beim Üben einer Technik: „Man wirft Uke nicht. Man hilft ihm zu Boden, zu einem sicheren Ort.
Diese Ebene des Aikido finde ich einfach unglaublich interessant und ich sauge es auf wie ein Schwamm, wenn mich jemand an seinen Ideen und Ansichten dazu teilhaben lässt. Aikido jenseits der Matte im täglichen Leben, zur Verbesserung der menschlichen Interaktion und Kommunikation. Können Konflikte vielleicht nicht nur gelöst werden, sondern sogar zu einer Art Synergie führen? Ich habe eine Definition von Synergie im ökonomischen Bereich gefunden, die man meiner Meinung nach auch für das Leben und Aikido nutzen kann: „Insbesondere bei Unternehmenszusammenschlüssen als Begründung verwendeter Effekt, der ausdrücken soll, dass bei optimaler Kombination von Einzelelementen die sich ergebende Gesamtheit mehr ist als die Summe der Einzelteile.“ Ist sowas möglich? Ich habe auf jeden Fall Lust darauf, darüber nachzudenken und mit dieser Idee auch körperlich rumzuspielen.
Auf nach Düsseldorf…
Sonja
PS: Und noch ein Nachtrag. Jorma sagte in dem Interview im Aikido Journal, dass er denkt, dass man in sich selbst Raum für Uke schaffen muss. Ich hatte das nicht verstanden und bat ihn, mir das zu erklären. Wenn ich ihn richtig verstanden habe, dann meinte er folgendes: Wenn es keinen Raum für Uke gibt, dann steht Kraft gegen Kraft. Erst wenn man in sich Raum für Uke lassen kann, können die Energien zusammengeführt werden. Ich denke darum geht es bei Musubi und für mich bedeutet das auch irgendwie, dass ich diesen Raum erst dann erschaffen kann, wenn ich nicht nur voll von mir selbst bin. Noch etwas, worüber es sich für mich lohnt, nachzudenken.
Beschwerden
Dezember 16, 2007
…hagelt es gerade, weil es so lange keine neuen Blog-Einträge gab. Mein Tip: selbst mal einen schreiben 🙂
In den letzten Wochen hatte ich wenig Drang dazu, meine Gedanken hier festzuhalten. Das hatte einerseits mit Zeitmangel zu tun, andererseits aber wohl auch damit, dass der Herbst derart voll war mit Training, Lehrgängen, Workshops, etc., dass ich tatsächlich ein bisschen müde war. „Burn-out“ heißt das wohl auf neudeutsch.
Außerdem sind mir seit dem Lehrgang mit Larry Reynosa viele Dinge im Kopf rumgegangen, die ich erst mal sacken lassen musste und wollte. Zur Strafe hat sich jetzt so viel in meinem Hirn angesammelt, dass ich nicht weiß, wo ich anfangen soll.
Vielleicht am besten mit dem, was mich am meisten Nachdenken ließ in den letzten Wochen. Ein Thema das bei dem Lehrgang mit Reynosa Sensei klar auf den Tisch kam, war das des Vertrauens. Wie ich am eigenen Leib bzw. an der eigenen Kehle erfahren durfte. Seine Message: „Don´t trust anybody!“ Auch nicht deinem Sensei oder deinem Vater. Ohne Frage lebt Reynosa Sensei in einem Umfeld, in dem diese Lebensmaxime nicht nur legitim sondern sogar notwendig ist. Sein Anliegen scheint es zu sein, Menschen dabei zu helfen, in einer gewalttätigen Umwelt zu überleben. Nach allem was ich am eigenen Körper so gespürt habe, hat er das auch wirklich drauf und ich hege keinerlei Zweifel an der Effektivität seiner Technik. Aber das was ich im Bauch hatte als ich nach dem Lehrgang wieder nach Hause fuhr, war nicht das warme, enthusiastische Kribbeln, das ich von Lehrgängen kenne, die mich inspirieren und die mir das Gefühl geben, mit anderen verbunden zu sein. Gerade letzteres hat für mich enorme Bedeutung. Im Prinzip läuft es darauf hinaus (welch Widerspruch), was Reynosa Sensei am Anfang des Lehrganges selbst sagte: Wir sind alle verbunden (spätestens seit O-Sensei keine revolutionäre Neuigkeit – ich weiß) und deshalb hat alles, was wir als Individuen tun eine Auswirkung auf die gesamte Menschheit. Was einerseits Verantwortung für uns selbst und die Menschheit bedeutet, ist andererseits für mich persönlich gleichzeitig soetwas wie Trost oder Sicherheit. Was würde es in diesem Kontext bedeuten, niemandem mehr zu trauen? Könnte man da noch diese Verbindung zulassen? Misstrauen ist für mich immer vergleichbar mit einer Tür die ich fest verschließe. Ein anderer Gedanke, der mir bei Misstrauen sofort durch den Kopf geht ist der der Angst. Kann man misstrauisch sein ohne Angst und umgekehrt?
Ein Studienfreund von mir, seines Zeichen paranoider Zyniker, sagte lange bevor ich Aikido kannte mal so etwas ähnliches wie Reynosa Sensei zu mir. Meine Antwort war ein naives „Lieber die Tür aufmachen und mal verletzt werden als immer die Schotten dicht zu haben. Was für ein Leben ist das denn, wenn ich niemandem vertraue und so keine echten Beziehungen eingehe?“ Vertrauen und Beziehungen gehen für mich Hand in Hand. Eines geht nicht ohne das andere. Natürlich ist Vertrauen immer ein Risiko. Manchmal ein lebensgefährliches, schätze ich, besonders wenn man in LA oder der Bronx lebt. Aber wenn ich mir nun wieder vor Augen führe, dass mein Handeln immer die ganze Menschheit beeinflusst, dann kann ich nicht mit ruhigem Gewissen empfehlen, dieses Risiko nicht einzugehen. Gewalt erzeugt Gegengewalt, Kraft erzeugt Gegenkraft. Auch das ist spätestens seit Aikido nicht neues. Was also erzeugt Misstrauen?
Vielleicht bin ich einfach – wie Reynosa Sensei sagte – nur nicht bereit dazu, meinen „place of comfort“ oder das was ich kenne und beherrsche aufzugeben und mir fehlt der Mut dafür, diese Einstellung zu übernehmen. Oder ich hab die Message nicht richtig kapiert. Aber mir ist auf jeden Fall wieder etwas klarer geworden, warum ich Aikido mache und was ich mit Aikido erreichen möchte. Und dass sich das unter Umständen ganz schön davon unterscheidet, was andere in Aikido sehen und suchen. Trotzdem hat alles seine Berechtigung.
Im Kontext von Vertrauen und Misstrauen musste ich – liegt ja nahe – auch viel über Ukemi nachdenken. Martin sagte im Auto zu mir etwas in der Art: „Jedes Mal wenn ich als Lehrer jemanden in die Mitte hole um eine Technik vorzumachen ist das wie eine unausgesprochen Bitte mir zu vertrauen. Man braucht das Vertrauen von Uke, denn man sagt ja quasi „Greif mich an, aber vertraue mir, dass ich dir nicht weh tun werde.“ Jemanden in dieser Sitation zu verletzten, ist ein Vertrauensbruch.“ Darin liegt für mich unheimlich viel Wahrheit und Bedeutung. Meiner Erfahrung nach wächst durch das gemeinsame Training das Vertrauen zueinander (und auch das Vertrauen in sich selbst – interessant…). In den meisten Fällen jedenfalls. Je mehr Vertrauen ich meinen Trainingspartnern und Mitmenschen entgegen bringen kann, desto mehr Vertrauen bekomme ich (fast immer) zurück. Das Resultat: Ängste werden unnötig, Offenheit beginnt und ein echter Austausch (oder mit anderen Worten: Kontakt!) wird möglich. Dann kommt auch zum Vorschein, dass wir eben doch alle verbunden sind und Trennung nur eine Illusion ist. Habe ich O-Sensei falsch verstanden, dass es darum bei Aikido geht? Wenn ich die Menschheit jedenfalls in irgendeiner Weise beeinflussen wollen würde, dann in dieser. Bin ich mit dieser Einstellung schon auf die Schnauze geflogen? Klar. Aber ich habe dadurch auch schon vieles erlebt, was mein Leben extrem bereichert hat.
Sonja
Zweierlei
November 30, 2007
1. Gestern war das Pohlmann-Konzert und der Vollständigkeit halber möchte ich festhalten, dass Herr Pohlmann und seine Band zu meiner Freude mit „Bruce Lee“ den Abend begannen. Was folgte war ein wirklich tolles Konzert und wer bisher nicht durch meine Blogeinträge auf Pohlmann neugierig geworden ist dem sei gesagt, dass er/sie was verpasst. Aber genug der Werbung.
2. Hier noch schnell ein Link zu einem Thread bei Aikiweb, den ich sehr interessant finde. Demnächst zu diesem Thema vielleicht mehr, wenn meine Gedanken ausgegorener sind.
Sonja
Aiki Pop?
November 14, 2007
Ingo Pohlmann (eine Art Reinhard Mey in cool – erst recht seit er von Surferdude Jack Johnson den Ritterschlag in Sachen Coolness in Form eines öffentlichen Kooperations-Angebotes auf seiner Website erhalten hat) hat seine neue Platte „Fliegende Fische“ rausgebracht und ich hatte heute das Vergnügen, sie mir vier Stunden lang im Auto anhören zu dürfen. Pohlmann hatte sich schon mit seiner letzten Platte in mein Herz gesungen und nach dieser hier kommt er da auch so schnell nicht mehr raus. Wer guten deutschen Pop/Rock mit wirklich schlauen Texten mag die unter die Haut gehen kommt an Pohlmann nicht vorbei. Und wer in den nächsten Wochen in meinem Auto mitfährt auch nicht.
Was das jetzt mit Aikido zu tun hat? Nun ja, man könnte mir vorwerfen, dass ich in alles was mir so über den Weg läuft Aikido-Gedanken reininterpretiere, aber mal ehrlich, das liegt bei folgendem Text doch nun wirklich nahe:
Gib dich hin wie ein Tropfen
Der zum Meer geworden ist.
Gib dich hin wie ein Hauch von dir
Der Himmel ist.
Du berührst die Welt in dir
Du berührst die Welt in dir
Spür die Energie
Sei wie das Wasser
Sagt Bruce Lee.
Spätestens mit der Erwähnung Bruce Lees hat Pohlmann sich seine Pohlposition (haha – sorry, der musste sein) in meinem Musik-Herz gesichert. Und dann höre ich auch noch folgendes:
Auch wenn es scheint, dass nichts gelingt,
Ja wenn es scheint, dass nichts gelingt,
Ist manchmal das, ganz genau das,
Was uns weiterbringt.
Und wieder fühlte ich mich an Aikido erinnert. Aikido oder das Leben. Henne oder Ei, gewissermaßen.
Schönen Abend noch,
Sonja
PS: Pohlmann spielt übrigens am 29.11. in der Röhre – und ich hab schon ein Ticket 🙂
Food for thought
September 26, 2007
Auf Aikidoforum.de hat gerade jemand diesen Spruch gepostet, der mich nicht nur über Harmonie hat weiter nachdenken lassen, sondern auch über die Homöopathie:
„Der Zustand, da Hoffnung und Zorn, Trauer und Freude sich noch nicht regen, heißtdie Mitte. Der Zustand, da sie sich äußern, aber in allem den rechten Rhythmus treffen, heißt Harmonie. Die Mitte ist die große Wurzel aller Wesen auf Erden, dieHarmonie ist der zum Ziel führende Weg auf Erden.
Bewirke Harmonie der Mitte, und Himmel und Erde kommen an ihren rechten Platz,und alle Dinge gedeihen.“
(Li Gi – Dschung Yung)
Rhythmus scheint mir ein wichtiger Bestandteil von Harmonie zu sein. Eben diese Geschichte von Ebbe und Flut u.s.w. In diesem Zusammenhang erscheint mir auch klarer, wie man als Uke anzugreifen hat. Nevelius beschrieb das ja mit „Here is the contact, now it´s the line of action, now it´s the contact again.“ Obwohl sich das richtig anfühlt, konnte ich doch für mich nicht so richtig in Worte fassen und umformulieren, was das bedeutet. Ich glaube das ganze hat ebenfalls mit Rhythmus zu tun und natürlich mal wieder mit Kontakt. Bin ich mit meinem Kontakt immer und unaufhörlich bei Nage, so kann kein Rhythmus entstehen, es kommt zu einer Art Pattsituation oder eben zu einer Art von Stillstand. Man muss den Rhythmus zwischen Kontakt und Bewegung finden, sich immer wieder vom Kontakt lösen, nur um ihn dann wieder neu zu finden/aufzubauen. Obwohl – eigentlich fühlt es sich nicht an, als ob der Kontakt dabei verloren geht, er hat nur irgendwie während der Bewegung die zweite Priorität, wohingegen die Bewegung, sobald es um den Kontakt geht, eher zweitrangig ist. Keine Ahnung ob das alles so richtig ist und ich es in die richtigen Worte fasse, aber um es mit Nevelius´ Worten zu sagen: „Sometimes it works, sometimes it doesn´t…“ (*mitdenschulternzuck*)
Zu Kontakt hatte ich in dem Interview mit Jan Nevelius, Jorma Lyly und Frank Ostoff im Aikidojournal noch gefunden, dass man Kontrolle eigentlich nur dann braucht, wenn man den Kontakt verloren hat. Bei Aikido aber natürlich im Leben auch. So lange man mit etwas/jemand in Kontakt ist, kann man genau spüren, was vor sich geht und kann darauf reagieren. Man muss nicht kontrollieren. Für mich hat Kontrolle mit Zwang zu tun. Nun ja, wenn ich so zurückdenke, dann ging in meinem Leben meist genau dann eine Menge schief, wenn ich versuchen wollte, die Dinge zu kontrollieren oder etwas zu erzwingen, anstatt zu spüren was passiert und darauf adequat zu reagieren. Verliert man den Kontakt, kann man entweder kontrollieren oder (wie Zoran gestern Abend Saotome zitierte:) „If you loose relation, make a new one.“
Rein technisch passt das natürlich auch gut zu dem was Martin immer sagt: nahe am Partner dran bleiben, dann weiß man auch, was er vor hat.
Sonja
PS: Anderes Thema, aber zu Ki gibt es bei Aikiweb gerade einen interessanten thread.
Aiaiai
September 18, 2007
Ai wird meines Erachtens unterschätzt. Wir reden ziemlich oft von Ki. In meinem Fall ohne – wenn ich mal ganz ehrlich bin – genau zu wissen was das eigentlich ist. Mein erster Aikido-Lehrer Christian Wichmann sagte mal: „Ki ist wenn´s im Dunkeln leuchtet.“ und wollte damit andeuten, dass er (damals Nidan) auch nicht wirklich weiß bzw wusste, worum es geht. Neulich hörte ich dann „Ki ist wenn eine Blume durch den Asphalt wächst.“ Das gefällt mir gut, trotzdem erklärt es die Sache auch nicht wirklich erschöpfend. Do wiederum ist ein Konzept das zwar vielschichtig, aber trotzdem etwas leichter zu fassen scheint als Ki. Und Ai?
Was genau ist denn Harmonie? Wie merken wir Ai im Training, oder wie merken wir wenn es fehlt? Wie kann man Ai üben? Wo sieht man Ai im Alltag? Wie kann man in einer Konfliktsituation wirkliche Harmonie erreichen ohne faule Kompromisse beiderseits eingehen zu müssen? Ist Harmonie gleichzeitig auch Stillstand, da entgegengesetzte Pole aufgehoben werden?
Diese Gedanken beschäftigen mich und alles was mir derzeit dazu einfällt ist, dass es in der Natur Gegensätze gibt wohin man nur blickt. Ebbe und Flut, Licht und Dunkelheit, heiß und kalt, und irgendwie passen auch yin und yang gut in diese Reihe. Man ist versucht auch noch Gut und Böse dranzuhängen aber genau das scheint nicht zu gehen. Alle anderen Gegensätz sind wertfrei, Gut und Böse sind dies nicht. Wertfreiheit ist für mich aber ein zentraler Punkt zur Konfliktlösung und auch im Aikido. Es gibt zwar schwarz und weiß als farbliche Gegensätze, aber im Sinne von Handlungen und Menschen gibt es nur Grautöne. Polaritäten bzw Gegensätze muss es geben. Wahrscheinlich sind es sogar genau die Polaritäten, die alles im Gleichgewicht halten, da muss man sich ja nur mal Positron und Elektron (stimmt das jetzt?!) et al ansehen. Also muss es immer wieder ein Hin und Her oder eine Art Gegenspiel geben, um Harmonie zu erzeugen. So wie bei Ebbe und Flut – ein gutes Beispiel, wie ich finde. Uke und Nage sind oft wie Ebbe und Flut, die Energie fließt hin und her und an Wellenbewegungen mangelt es ebenfalls nicht 🙂 Und dann soll man ja auch noch sein wie Wasser. Es geht nicht darum, Gegensätze aufzuheben, sondern sie miteinander in Einklang zu bringen. Das ist jetzt mal mein temporäres Fazit. Auf jeden Fall sagte ich gestern, als ich nach meinem Wunschkennzeichen für mein neues Auto gefragt wurde nicht „BB-KI“ 🙂
Sonja
Fluss – Erfolg – Weg – Prozess
September 16, 2007
„Alles fließt“ – Heraklit von Ephesos.
Dieses Mal fließt es besser.
Mit jedem gescheitertem Versuch wird es besser.
Klappt es dieses Mal? – Wahrscheinlich nicht.
Stört mich das? – Nicht im Gerringsten.
Auch wenn das Ziel auch das Ziel ist, ist auch der Weg das Ziel.
Es ist eine Frage der Zielsetzung. Das Werden oder das Sein.
Man muss Ziele haben, um einen Weg verfolgen zu können.
Man muss aber auch irgendwann ankommen, um einen neuen Weg verfolgen zu können.
Man muss aber auch bereit sein, den Weg aufzugeben, weil das Ziel sich verändert hat.
Jedoch schriebe ich nicht über Aikido, sondern über meine wahre Berufung: das Schreiben.
Es fließt auf Dasselbe hinaus.
Ob Dialog, Charakterisierung, Szenenaufbau, Handlung oder Waza, es geht nicht darum, die jeweilige Technik richtig zu machen. Sondern sie überhaupt zu versuchen. Versuchen wir krampfhaft und verbittert, die Technik vom Anfang an richtig zu machen, verlieren wir dabei die Freude der eigentlichen Entwicklung.
Die beste Art, die Schreibkunst zu verbessern, besteht darin, zu schrieben.
Die beste Art, im Aikido besser zu werden, besteht darin…. ….Aikido zu machen.
Was ist Aikido?
Der Weg?
Ben
Minimalismus
September 15, 2007
Minimalismus heißt nicht einfach „wenig machen“, sondern das Unnötige weglassen.
Meine Erleuchtung des Tages.
Puppentheater
August 10, 2007
Gestern Abend beim Umtrunk nach dem Training in Esslingen gab es mal wieder eine nette Diskussion, bei der mehrere Stichwörter fielen, die ich kurz aufgreifen will. Zum einen ging es um Kaeshi Waza (Robby kann anscheinend Gedanken lesen, denn er sprach genau über das, was ich im letzten Blog-Eintrag auch geschrieben hatte), um Masakatsu Agatsu („Der wahre Sieg ist der Sieg über sich selbst“ siehe Kanji unten) und um Absichtslosigkeit.
Carsten schickte mir dann heute morgen einen Link zu einem Aufsatz von Kleist: „Über das Marionettentheater„. Ich hätte noch vor wenigen Jahren jede Wette gemacht, dass mich nach meinem geschmissenen Germanistik-Studium keine 10 Brauereipferde mehr dazu bringen würden, jemals wieder deutsche Dramatiker zu lesen. Wette verloren. Und ich will Ron Weasley heißen, wenn der alte Kleist nicht ganz gehörig was auf dem Kasten hatte und mich neugierig gemacht hat. Was 2 Jahre Uni nicht geschafft haben, passiert jetzt durch Aikido. Wer hätte das gedacht. Ich fand – wie Carsten angekündigt hatte – gleich mehrere Ideen, die ich bei Aikido sehe, auch in seinem Aufsatz wieder. Da geht es um Zentrumsarbeit, um Absichtslosigkeit und (meines Erachtens) auch um Masakatsu Agatsu. Aber ich will nicht zu viel vorweg nehmen – lest selbst. Und schreibt mal, was ihr dazu denkt.
Und zum Abschluss extra für Carsten: 🙂
Sonja